Erfolgreich anders – Die Kraft des Querdenkens

Veröffentlicht von Dr. Ferri Abolhassan, Member of the Board of Directors bei Telekom Deutschland GmbH über linkedIn.com

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“, hat Albert Einstein mal gesagt. Das sagt sich leicht, aber dafür muss man erst mal verstehen, was die alte Denkweise war und wie man sie verändern kann. Übrigens im Kern auch die Herausforderung in der Digitalisierung (was heute allerdings gar nicht mein Thema ist). Und dann muss man natürlich den Mut haben, tatsächlich etwas zu verändern und dabei vielleicht zu scheitern oder nicht schnell genug erfolgreich zu sein. Da lohnt sich ein Blick auf Beispiele von Menschen und Unternehmen, bei denen dieses Neu- und Querdenken gelungen ist, um sich inspirieren zu lassen. Viel Spaß bei der Lektüre und beim Finden neuer Impulse. 

Rückwärts statt Vorwärts: der Fosbury-Flop

Ein sehr bekanntes, aber deshalb nicht weniger beeindruckendes Beispiel hat der amerikanische Leichtathlet Richard Fosbury geliefert: Lange Zeit war es im Hochsprung Konsens, dass man mit einer Rolle vorwärts über die Stange springt. Bis Fosbury die „verrückte“ Idee hatte, rückwärts über die Latte zu springen. Er hatte mit verschiedenen Sprungtechniken experimentiert und festgestellt, dass er mit einem Flop höher kam als mit dem üblichen „Straddle“-Sprung. Zunächst wurde er für seinen unkonventionellen Stil belächelt. Doch das änderte sich schlagartig, als er 1968 in Mexiko-City Olympiasieger wurde – mit übersprungenen 2,24 Metern. Mit seiner neuen Technik revolutionierte er den gesamten Hochsprung.

Radeln statt Kurbeln: das Emirates Team Neuseeland

In der Welt des Sports findet sich eine weitere schöne Blaupause für „einfach andersmachen“. Und zwar beim America’s Cup, dem ältesten Segel-Wettbewerb der Welt. Um die Titelverteidiger „Oracle Team USA“ zu schlagen, hatte sich der Herausforderer „Emirates Team Neuseeland“ etwas Besonderes einfallen lassen: Die Neuseeländer setzten auf eine innovative Velotechnik, eine Art Fahrrad-Ergometer, um die Schwerter und Ruder hydraulisch zu steuern. Das Team aus den USA nutzte dazu die traditionellen Handkurbeln, sogenannte Grinder, die aussehen wie große Kaffeemühlen. Der Technologie-Transfer zahlte sich aus: Neben aerodynamischen Vorteilen erzielten die Herausforderer mit ihrer Technik eine um 30-40 Prozent höhere Hydraulikleistung. Außerdem konnten die Crew-Mitglieder zusätzliche Trimmaufgaben erfüllen, weil sie die Hände frei hatten. Für den Titelverteidiger geriet der Cup zum Debakel: Team Neuseeland siegte hochüberlegen mit 7:1.

Fliehkraft statt Papierfilter: Dyson

Querdenker zeichnen sich nicht nur durch Goldmedaillen oder Weltrekorde aus. Auch im Alltag kann es einen riesigen Unterschied machen, die Dinge einfach mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: Wir schreiben das Jahr 1978. In der englischen Kleinstadt Malmesbury ärgert sich James Dyson über einen verstopften Staubsaugerbeutel und nimmt das Problem selbst in die Hand. Innerhalb von fünf Jahren baut er 5.127 Prototypen für einen beutellosen Staubsauger, etwas bis dahin Undenkbares. Schon 1983 kam Dyson’s „G-Force“ auf den Markt, 1993 dann der „DC01“. Innerhalb von nur 18 Monaten wurde letzterer zum meistverkauften Staubsauger Großbritanniens. Mehr als 20 Jahre später hat Dyson über 13 Millionen Produkte in 75 Ländern verkauft. Und alles nur, weil er sich entschied, die Dinge anders anzugehen, als sein Staubsauger verstopfte. „Wenn Dinge nicht richtig funktionieren, frustriert das jeden von uns“, sagt Dyson Jahre später über den Ursprung seiner Inspiration.

E-Mail statt IBAN: PayPal

Ein weiteres Beispiel kommt aus dem Bereich der Überweisungen. Rund 6 Milliarden Überweisungen werden jedes Jahr in Deutschland durchgeführt. Seit Februar 2016 gilt dafür die IBAN-Pflicht: Bei der 22-stelligen Kombination aus Buchstaben und Zahlen sind Tippfehler und Zahlendreher vorprogrammiert; kaum jemand kennt seine IBAN auswendig. Dass es auch komplett anders, viel kundenfreundlicher und sogar ohne IBAN geht, beweist PayPal. Wenn Sender und Empfänger beide PayPal nutzen, reicht für den Service des Online-Bezahldienstes nichts weiter als die E-Mail-Adresse des Empfängers und schon ist das Geld überwiesen; und das in über 200 Märkten und 100 Währungen, mit Service rund um die Uhr, ohne IBAN und bequem daheim am PC oder in Sekundenschnelle unterwegs per Smartphone. 

Strom statt Benzin: Harley Davidson LiveWire

Eine noch bahnbrechendere Veränderung verspricht das nächste Beispiel. Harley Davidson plant, in den nächsten zehn Jahren zusätzlich zu den klassischen, mit Verbrennungsmotor angetriebenen Motorrädern auch elektrisch angetriebene Modelle anzubieten. Project LiveWire ist der Name des Prototypen. 2021 soll das erste Harley Davidson-Elektromotorrad dann auf den Markt kommen. Der Sound soll an einen Düsenjet erinnern und auch das Design soll klassisch Harley Davidson sein, so wie es die Fans der Marke kennen und lieben – nur eben mit einem Elektromotor. Ein gewagter Schritt bei einem Produkt, bei dem es genau so viel um Ästhetik und „Feeling“ geht, wie um Höchstgeschwindigkeit und Drehzahl.

Fliegen statt Fahren: Airbus Pop.up

Wer eher was für den Stadtverkehr als für den Highway sucht, wird bei Airbus und der Audi-Tochter Italdesign fündig. Deren revolutionäre Lösung trägt den Namen Pop.up: Das Taxi der Zukunft – halb selbstfahrendes Auto, halb Drohne – soll ganz einfach per App bestellbar sein. Es besteht aus einer Passagierkapsel für zwei Personen und einem Fahrgestell mit vier Rädern, das auf dem Boden autonom von einem Elektroantrieb bewegt wird. Sind die Straßen überfüllt, wird die Passagierkapsel von der Bodeneinheit gelöst und an eine überdimensionierte Drohne angedockt, die den Fahrgast ans Ziel fliegt. Danach kehren Bodeneinheit und Drohne automatisch zu ihrer Basisstation zurück und werden neu aufgeladen. Laut Airbus könnte dieses ambitionierte Konzept schon in sieben bis zehn Jahren starten und die Lösung für die Stau- und Abgasproblematik in Großstädten darstellen.

Mehrweg statt Einweg: Falcon-9-Rakete

Wer noch höher hinaus will, ist Elon Musk. Der visionäre Unternehmer hat am 30. März 2017 mit seinem Unternehmen SpaceX einen Meilenstein der Raumfahrt gesetzt (war nach dem Rückschlag im Jahre 2015 nicht unbedingt zu erwarten). An diesem Tag schoss SpaceX einen Satelliten mit der Falcon 9-Rakete ins All. Dies war allerdings nicht der erste Weltraumflug der Falcon 9. Im April 2016 war die erste Stufe der Rakete schon einmal im Weltall – und kam zurück. Raketen wurden zuvor als „Einwegartikel“ betrachtet, die nach ihrem ersten Einsatz verloren waren. Musk war da ganz anderer Meinung. 15 Jahre hatten die Entwickler von SpaceX an einer mehrfach nutzbaren Antriebsrakete gearbeitet. Ziel war es, millionenteure Raketenstarts durch wiederverwendbare Raketen günstiger zu machen. Ab nächstem Jahr soll die Falcon 9 Astronauten zur ISS transportieren, aber Musk will noch weiter hinaus. Sein Ziel ist es, den Mars zu kolonisieren. Das mag unrealistisch und sogar unmöglich klingen, aber genau so dachte man auch über wiederverwendbare Raketen.

Den Mutigen gehört die Zukunft

Sieben Beispiele, sieben Erfolgsgeschichten von Menschen und Unternehmen, die es wagten, die Dinge einfach anders zu machen. Sie erkannten ein Problem, experimentierten und lösten es, sie revolutionierten ein Produkt oder einen Service. Mit Mut, der beeindruckt und vor allem auch mit einer Art, die Dinge einfach zu machen. Im Zweifel eben anders.

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